Jassen – echt schweizerisch?

Wir müssen dich enttäuschen: Jassen ist zwar eine Schweizer Tradition, aber keine Schweizer Erfindung. Die Geschichte der Spielkarten ist geheimnisvoll. Ursprünge werden bereits im 12. Jahrhundert in Korea, China, Persien und Indien vermutet. Im 14. Jahrhundert gelangten die Kartenspiele über den Seeweg nach Europa.

Unser Schweizer Jass stammt ursprünglich aus den Niederlanden: Im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts brachten Söldner das Kartenspiel zu uns. Rasch wurde das Spiel populär und verdrängte das Tarock. Die Jasskarten haben sich mit der Zeit an die Schweizer Kultur und Tradition angepasst. So wurden die Bilder den lokalen Gegebenheiten angepasst – und sind zum Teil bis heute erhalten geblieben: Noch immer erinnern der «Buur» und das «Nell» an die niederländischen Ursprünge. Gespielt wird in der Schweiz mit Deutschschweizer oder Französischen Jasskarten – der sogenannte Jassgraben verläuft entlang der Flüsse Aare und Reuss.

Der «Schieber», die meistgespielte Jassart in der Schweiz

Dieser beliebte Jass wird zu viert in Zweierteams gespielt. Wer zusammen spielt, entscheiden die Karten: Alle ziehen verdeckt eine Karte. Die zwei Spieler/-innen mit den höheren Kartenwerten jassen gemeinsam. Wer sich einig ist, darf diesen Punkt natürlich überspringen. Damit sich die Teams ihre Karten nicht zeigen können, sitzen sie diagonal übers Kreuz gegenüber am Tisch. Für Anfänger/-innen sind folgende Regeln empfohlen: Ohne Weisen, zu Beginn nur Trumpffarben und später mit Obeabe und Undeufe, Wertung bei den Trumpfarten weglassen (alles zählt einfach), Ausmachregeln Stöck, Wys, Stich sowie auf 1’000 Punkte spielen.

Hesch gwüsst

«Jas» bedeutet auf Holländisch so viel wie «Bauer». Auch der Begriff «Coiffeur» stammt nicht aus der Schweiz: Er hat seinen Ursprung in Frankreich, das Spiel heisst im Original «quoi faire».

Jassen für Anfänger: Schieber (1967) | SRF Archiv

Die 36 Karten werden gut gemischt und durch die/den Mitspieler/-in links der Kartengeberin resp. des Kartengebers abgehoben, die beiden Stapel anschliessend (umgekehrt) wieder aufeinandergelegt. Nun verteilt die/der Mischer/-in gegen den Uhrzeigersinn jeweils drei Karten gleichzeitig, bis jede/r Spieler/-in neun Karten in der Hand hält. Die Person rechts der/des Kartengebers/-in darf nun den Trumpf ansagen – oder «schieben» (dann kann die/der Jasspartner/-in den Trumpf bestimmen). Beim klassischen Schieber stehen die Trumpffarben Eichle, Rose, Schelle, Schilte oder Herz, Ecke, Kreuz, Schaufel sowie Obeabe und Undeufe zur Auswahl. Geübte Jasser/-innen sagen noch weitere Trumpfarten an. Die Wertung muss ebenfalls geklärt werden: «einfach» (Eichle und Rose bzw. Eggen und Herz), «doppelt»: Schälle und Schilte bzw. Schaufel und Kreuz, «dreifach»: Obeabe oder Undeufe. Hier erfährst du, wie man beim Schieber den richtigen Trumpf ansagt.

Die Person auf der rechten Seite der/des Kartengebers/-in darf die erste Karte ausgeben (Vorhand oder Vorhandspieler/-in genannt). In der ersten Runde darf jede/r Spieler/-in mit dem Ausgeben der Karte weisen. Das heisst: Wer mindestens drei nachfolgende Kombinationen im Handblatt aufweist, kann dies als Weis melden: Drei (oder mehr) Karten der gleichen Farbe in Folge oder vier gleiche Karten, z.B. vier Mal Ober resp. Dame.

WeisDetailsTrumpffarbeObeabe / Undeufe
StöckKönig und Ober / Dame der Trumpffarbe200
3-Blatt3 Karten der gleichen Farbe in Folge2020
4-Blatt4 Karten der gleichen Farbe in Folge5050
5-Blatt5 Karten der gleichen Farbe in Folge100100
6-Blatt6 Karten der gleichen Farbe in Folge150150
7-Blatt7 Karten der gleichen Farbe in Folge200200
8-Blatt8 Karten der gleichen Farbe in Folge250250
9-Blatt9 Karten der gleichen Farbe in Folge300300
4 gleiche Under / Bauer4 x Under oder Bauer200200
4 gleiche 9er / Nell4 x 9er oder Nell150150
4 gleiche Karten (alle anderen)z.B. 4 x Ass oder 4 x 6er100100

Falls mehrere Spieler/-innen gleich hohe Weispunkte gewiesen haben, gilt Folgendes:

Eine Reihenfolge hat Vorrang vor vier Gleichen (z.B. ein Fünfblatt vom Banner ist besser als vier Könige).
Die höhere Karte des Weis (Ausnahme Undeufe: Hier die tiefste).
Bei gleichen höchsten Karten gilt, wer den Weis der Reihe nach zuerst angesagt hat (sprich wer Vorhand hat). Ausnahme: Wer die gleiche höchste Karte in der Trumpffarbe hat, dessen Weis gilt

Das Team mit dem höchsten Weis darf alle Teamweise (auch die tieferen vom Teammitglied) notieren.

Nach dem Weisen gibt jede/r Spieler/-in der Reihe nach (gegen den Uhrzeigersinn) eine Karte in die Mitte. Dabei gelten folgende Regeln:

  • Kartenreihenfolge: Analog wie beim Obeabe oder Undeufe. Ausnahme: Trumpf! Bei der Trumpffarbe ist der Under/Bauer die höchste Karte und die 9 gilt als Nell und als zweithöchste Karte.
  • Leih halten («Farben»): Wer die gleiche Farbe wie die/der Ausgeber/-in hat, muss eine solche geben.

  • Ausnahme Trumpfbauer: Der Trumpfbauer muss nicht, kann aber gespielt werden (ausser in der letzten Runde, wenn man nur noch den Trumpfbauer hat).
  • Anstatt Leih halten kann auch mit einem Trumpf gestochen werden. Aber Achtung: Ein/e andere/r Mitspieler/-in kann dich übertrumpfen.

Die/der Spieler/-in mit der stärksten Karte darf die vier Karten zu sich nehmen (Stich) und die nächste Karte ausgeben. Die Person mit der stärksten Karte hat erneut den Stich gemacht und darf die Karten zu sich nehmen. So geht’s weiter, bis alle neun Runden gespielt sind.

Nun kommt die Jasstafel zum Einsatz: Jedes Team zählt die Punkte und notiert sie. Eine Runde ergibt im Total immer 157 Punkte. Hier findest du alles über die Kartenwerte.

Gewonnen hat das Zweierteam, welches zuerst die für den Gewinn erforderliche Punktzahl (z.B. 1’000) erreicht hat. Wenn beide Teams kurz vor dem Ziel sind, kommt die definierte Ausmachregel (definiert im ersten Stich des Spiels) zum Zug: Stöck, Wys, Stich. Das heisst: Die Stöcke gelten vor dem Wys und vor einem Stich. Wer also die Stöcke hat und mit ihnen genug Punkte erreicht, gewinnt das Spiel.

Auch das Bedanken hat beim Jassen Tradition. Aber Vorsicht: Wer sich irrtümlicherweise bei der Gegnerin resp. beim Gegner bedankt und die definierte Punktzahl noch nicht erreicht hat, verliert das Spiel.

Jassen für Fortgeschrittene (1967): Jass-Knigge | SRF Archiv

Verstehst du nur «Bahnhof»? Oder möchtest du vor deinem ersten Einsatz am Stammtisch sattelfester werden? Dann vertiefe dein Wissen und lerne online jassen. Oder erlerne die Grundlagen des Jassens im Buch «Jasskurs» von Monika Fasnacht (darin sind auch QR-Codes, die zu einem passwortgeschützten Bereich mit Übungen und kommentierten Videos integriert).

Hesch gwüsst

Jassen ist in der Schweiz so populär, dass der «Samschtig-Jass» auf SRF seit Ende der 60er-Jahre eine der erfolgreichsten Fernsehsendungen des Landes ist. Übrigens ist sie die älteste noch ausgestrahlte Unterhaltungssendung Europas.